Der Wiedereinstieg in den Schwimmzirkus erwies sich aber als unerwartet schwer. Schon nach einigen Wochen musste Franziska erkennen, dass sie sich mit der Doppelbelastung durch Schule und Training übernommen hatte. Ihr wurde klar, dass sie sich entscheiden musste, und dass es besser war, eine Sache hundertprozentig zu machen als zwei mit halber Kraft. Sie entschied sich für den Sport.
Fast zeitgleich mit dem Schulabbruch fällte sie eine weitere wegweisende Entscheidung. Nach der langen Pause war es sportlich für sie wie ein Neuanfang, und so war es folgerichtig, diese zweite Schwimmkarriere mit einem neuen Trainer zu beginnen, der ihr neue Impulse geben konnte. Sie trennte sich nach fast sieben Jahren von Dieter Lindemann und verpflichtete den Berliner Gerd Eßer. Mit Eßer konnte Franziska auch über ihre Probleme reden, es war eine Beziehung zwischen gleichberechtigten Erwachsenen.
Franziska war nun wieder im Wasser, aber es war anders als früher. Die lange Pause hatte sie nachdenklich gemacht, sie war auf der Suche nach sich selbst und hatte sich noch nicht gefunden. Im Mai 1997 hatte sie dann einen schweren Motorradunfall. Das Resultat: dreifacher Bruch und Durchtrennung aller Sehnen und Bänder der linken Hand, Trainingsunterbrechung für 14 Wochen. Das bedeutete das Aus für die Deutsche Meisterschaft in München im Juli und für die Europameisterschaft in Sevilla im August.
Zum ersten Mal in ihrem Leben war nun Franziska in der Situation, dass sie nicht ins Wasser durfte, selbst wenn sie wollte. Sie nutzte die Zeit zum Nachdenken, was ihr wirklich wichtig war, und spürte, wie sehr ihr das Schwimmen fehlte. Sie konnte es kaum abwarten, wieder mit dem Training beginnen zu können. Mit Joggen und Radfahren hielt sie sich fit und trainierte täglich zwei bis drei Stunden Beinkraft und Kondition. Dann durfte sie wieder vorsichtig mit dem Schwimmtraining beginnen, mit einer Manschette an der linken Hand.
Im nachhinein war Franziska in einem gewissen Sinn sogar dankbar, dass der Unfall passiert war. Sie war reifer geworden, hatte gelernt, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden. Sie wollte es noch einmal wissen, wollte bis an ihre Grenzen gehen und schneller schwimmen als je zuvor. Bis zu diesem Ziel war es aber noch ein weiter Weg. 14 Wochen nicht im Wasser, 16 Monate ohne ernsthaften Wettkampf, da konnte man keine Wunder erwarten. Die Konkurrentinnen nicht hinter sich, sondern vor sich zu haben, war eine neue Erfahrung.
Bei der Weltmeisterschaft in Perth (Australien) nahm sie nur an Staffelwettbewerben teil, da die Zeit zu kurz war, um wieder so weit in Form zu kommen, dass eine Verteidigung des Weltmeistertitels zur Debatte gestanden hätte. Das Ziel war, wieder näher an die Weltspitze heranzukommen. Das Ergebnis war ermutigend: zwei Starts, eine Silber- und eine Goldmedaille. Bei der Deutschen Meisterschaft 1998 in Hamburg siegte sie in allen drei Disziplinen und schaffte in ihrer Paradedisziplin wieder den Anschluss an die Weltspitze. Einen Rückschlag musste sie bei der Deutschen Meisterschaft 1999 in Leipzig verkraften. Sie verpasste das 200m-Freistil-Finale und damit die Qualifikation für einen Einzelstart in ihrer Lieblingsdisziplin bei der Europameisterschaft 1999 in Istanbul. Als Trostpflaster holte sie, wie bei der WM in Perth, Gold mit der Staffel und bewies damit allen Zweiflern, dass auch international nach wie vor mit ihr zu rechnen war. Das Fernziel aber blieb Sydney 2000.
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